sound.de 26-04-04Klaus Halama

Izaline Calister - Krioyo
(Network Medien/Zweitausendeins)

Schon einmal hat sich das Network-Label, zumindest musikalisch, von Mainhattan auf den Weg vor die Küste Venezuelas gemacht, auf die Inseln unter dem Wind und lehrte uns das karibische ABC. A-ruba, B-onaire und C-uraçao waren die Ausgrabungsorte einer Reihe von Vielvölker-Rhytmen, deren Bogen sich von erotisch bis balladesk spannte, von afrikanisch bis lateinamerikanisch bis europäisch. Auf Track Nr. 11 dieses Albums machte es sich eine gewisse Izaline Calister bequem. Auffallend schon damals die schwungvolle Verbindung aus gehobenem Jazz, karibischem Swing und westafrikanischer Spritzigkeit.

Scheinbar hat die quirlige Morena zumindest einen der Network-Betreiber so beeindruckt, um nicht zu sagen sirenenhaft bezirzt, daß nun ein komplettes Solo-Album entstanden ist. Aufgenommen dieses Jahr in Amsterdam, zu einer ganz und gar unkaribischen Jahreszeit, nämlich im Februar. Die Niederlande sind aber durchaus kein ungewohntes Pflaster für die Curaçao-Diva, ist sie doch schon seit längerem dort zumindest teil-beheimatet und unter anderem die klangliche Speerspitze von Jasper van’t Hofs Pili Pili Band, als Nachfolgerin von Angelique Kidjo.

So wundert es auch nicht, wenn auf „Krioyo” neben einem breiten Sammelsurium karibischer und südamerikanischer Heiterkeit auch viel jazziges zu hören ist. Allerdings muß ich gestehen, daß ich mit den hier zu anzutreffenden Ausflügen in die verschiedenen Ausdrucksformen des Jazz, z. B. der kreolischen Ballade oder dem mit Streichern garnierten Funk, weitaus weniger anfangen kann, als mit den ursprünglichen und erdigen Klängen des Karneval oder der in der Karibik und im portugiesisch gefärbten Südamerika anzutreffenden Afro-Religionen wie Santeria oder Candomblé. Dort zeigt diese CD für mich ihre wahre Stärke und Intensität. Aber Geschmäcker sind bekanntlich ja verschieden und so setzt ein anderer Schiedsrichter sicherlich auch andere Präferenzen. Unbestritten eindrucksvoll bleibt indes die Stimme von Izaline Calister: klar wie die Wellen und weich wie der Wind um und über Curação.

Fazit: Curação ist weit weg, aber dafür umso sagenumwobener. Es geht zum Beispiel die Mär, daß dort schokobraune Amazonen mit ihrem Gesang die Männer reihenweise um den Verstand bringen. Hört man diese CD, könnte man es fast glauben.